07.03.2025

Weltfrauentag 2025: For ALL Women and Girls

Weltfrauentag: For ALL Women and Girls

“For ALL Women and Girls: Rights. Equality. Empowerment“ ist das Motto des Weltfrauentages 2025. In diesem Jahr wird an die Pekinger Aktionsplattform, eine Reihe von Maßnahmen und Aktionen für Geschlechtergerechtigkeit, die vor 30 Jahren auf der Weltfrauenkonferenz beschlossen und von 189 Ländern verabschiedet wurden, erinnert. Die zahlreichen nationalen Aktionsplänen sowie Gesetze für die Sicherheit von Frauen, die auf das Abkommen folgten, sind ein großer Fortschritt zur Erreichung von Gleichstellung. UN Women ruft dennoch dazu auf, den Kampf für Frauenrechte fortzusetzen, da sie angesichts aktueller Krisen weiterhin gefährdet sind.

Als Tochter der GLS Bank, der ersten sozial-ökologisch nachhaltigen Bank Deutschlands, möchten wir die Transformation der Wirtschaft mitgestalten. Wir wollen Geld dorthin lenken, wo es am stärksten unter sozial-ökologischen Gesichtspunkten gebraucht wird und damit Fortschritt beschleunigen. Geschlechtergerechtigkeit ist schon lange fester Bestandteil unserer Nachhaltigkeitsanalyse. Wie genau diese Analyse aussieht, welche Kriterien hinzugezogen werden und wie Gender und Investments darüber hinaus zusammenhängen, erfahren Sie in diesem Artikel.

Wie setzen wir Geschlechtergerechtigkeit in unserem Investmentprozess um?

Auswahl der Titel

Bei der Auswahl von Investments für unsere GLS Fonds spielen sowohl ökologische als auch soziale Kriterien eine große Rolle. Dabei wenden wir stets einen ganzheitlichen Ansatz an. An erster Stelle bewerten wir das Geschäftsfeld: Sind die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens als wirklich nachhaltig zu bewerten? Anschließend werfen wir einen detaillierten Blick auf die Geschäftspraktiken: Wie setzt das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit um? Hierbei werden u. a. auch die Frauenquote in der Gesamtbelegschaft und der Führungsebene und Maßnahmen, um diese zu verbessern, bewertet. Analysiert werden ebenfalls betriebliche Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Verringerung des Gender Pay Gaps sowie Antidiskriminierungs- und Whistleblowing-Richtlinien und Umsetzungssysteme. Zusätzlich zu positiven Geschäftspraktiken im Rahmen der Gleichstellung, investieren wir auch in Unternehmen, die speziell auf die Bedürfnisse von Frauen und Mädchen ausgerichtete Produkte oder Dienstleistungen anbieten und sich dadurch positiv auswirken. Neben Themen der Geschlechtergerechtigkeit berücksichtigt unser GLS Anlageausschuss in seiner finalen Entscheidung über die Aufnahme eines Unternehmens in das GLS Anlageuniversum viele weitere sozial-ökologische Kriterien. Der GLS Anlageausschuss ist ein interdisziplinäres Gremium aus internen und externen Expert*innen und diskutiert in mehreren Sitzungen pro Jahr die Aufnahme der einzelnen Investments.

Kontroversen bei Titeln

Wenn ein Unternehmen durch kontroversen Umgang mit Fällen von Diskriminierung oder mangelnder Gleichstellung auffällt, kann das ein Ausscheiden des Unternehmens sowohl aus der Vorauswahl als auch aus den GLS Fonds selbst bedingen. In der Vergangenheit sind wir zudem auf die regelmäßige Studie zum Thema Frauen in Führungspositionen der Allbright Stiftung aufmerksam geworden. 2021 haben wir die Studienergebnisse als Anlass genutzt, mit einigen Unternehmen im Anlageuniversum, die sich 0% Frauen als Quote im Vorstand als Ziel gesetzt haben, in den Dialog zu treten. Ziel war es, nicht nur Bewusstsein für die Relevanz von Geschlechtergerechtigkeit zu schaffen, sondern Auskunft nach konkreten Maßnahmen und Zielsetzungen im Hinblick auf Diversität zu fordern.

Das Beispiel Mikrofinanz

Es lohnt sich ein Blick in den Mikrofinanz Bereich, wenn man in das Wohl von Frauen investieren möchte. Eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Wirtschaftsleben ist in vielen Regionen weltweit nicht gegeben. Dies betrifft auch den Zugang zu Finanzdienstleistungen. Mikrofinanzfonds refinanzieren Mikrofinanzinstitute im globalen Süden, die der lokalen Bevölkerung Finanzdienstleistungen zur Verfügung stellen. Anhand unserer Kriterien bewerten wir Institute positiv, die überwiegend Kredite an Frauen anbieten.
 

Wie ist der aktuelle Status-Quo in der Asset Management Branche?

Doch nicht nur die Investmentseite ist von der zunehmenden Bedeutung von Kriterien zu Gender Equality betroffen, auch die Arbeitswelt spürt die Auswirkungen dieser Entwicklungen. Die längste Zeit war insbesondere die Asset-Management Branche männerdominiert. Doch auch hier gibt es eine zunehmende Sensibilisierung für die Bedeutung der Geschlechtervielfalt. Seit 2015 veröffentlicht die Universität Mannheim gemeinsam mit KPMG und den Fondsfrauen, dem größten Frauen Netzwerk der Finanzbranche in Deutschland, regelmäßig eine Studie zum Thema Gender Diversity in der deutschsprachigen Asset-Management Industrie. Die aktuelle Studie zeigt: Rund 40 % der Beschäftigten in der Asset-Management-Industrie sind weiblich. Blickt man in höhere Hierarchieebenen, sinkt der Frauenanteil. In Führungspositionen liegt der Frauenanteil bei 26 %, in Geschäftsführungspositionen lediglich bei 13 %. Frauen sind hingegen insbesondere in den sogenannten „Pink Ghettos“ (Marketing- und Personalabteilungen) und weniger im Portfoliomanagement oder Vertrieb vertreten. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass fehlende Vereinbarkeit von Beruf und Familie die größte Hürde für Frauen in Führungspositionen bleibt. 5 % der Männer und 73 % der Frauen wechseln nach der Geburt eines Kindes in eine Teilzeitbeschäftigung. Keines der befragten Unternehmen der Studie war bereit, Auskunft zur Lohndifferenz zwischen männlichen und weiblichen Beschäftigten zu geben. Auch für den internen Gebrauch erheben die befragten Unternehmen diese Zahlen aktuell noch nicht.

Im Zeitverlauf zeigt die Studie aber einen positiven Trend, hin zu einer gendergerechteren Arbeitswelt in allen Unternehmensbereichen. Dieser notwendige positive Trend sollte sich in den kommenden Jahren nur noch beschleunigen. So sind Unternehmen, die sich für Vielfalt und Inklusion einsetzen und diverser aufgestellt sind, nicht nur meist erfolgreicher, sondern werden von Beschäftigten und Bewerber*innen anders wahrgenommen und bevorzugt. Mehr Frauen müssen an Investmententscheidungen beteiligt sein, um Kapital möglichst effizient und gerecht zu lenken.
 

Am 7. März ist Equal Pay Day

Am Tag vor dem internationalen Frauentag, dem 7. März, ist in Deutschland Equal Pay Day. Der Tag markiert symbolisch den Zeitpunkt, bis zu dem Frauen im Vergleich zu Männern theoretisch unbezahlt arbeiten. Frauen verdienen im Durchschnitt in Deutschland pro Stunde 16% weniger als Männer. In 2023 lag dieser Wert noch bei 18%. Dies ist der stärkste Rückgang seit Beginn der Aufzeichnungen. Laut statistischem Bundesamt lassen sich die Ursachen dieser Verdienstlücke – der „unbereinigten Gender Pay Gap“ – zu 63% „erklären“. Es heißt dort: „Frauen arbeiten häufiger als Männer in Branchen, Berufen und Anforderungsniveaus, in denen schlechter bezahlt wird“. Zusätzlich arbeiten Frauen häufiger in Teilzeit und übernehmen mehr unbezahlte Pflegearbeit. Die Verdienstlücke wächst ab einem Lebensalter von ca. 30 Jahren – dem Durchschnittsalter, in dem Frauen in Deutschland ihr erstes Kind bekommen. Die Branche Finanzindustrie und Versicherungen hat mit 26 % die höchsten Lohnunterschiede in Deutschland.

Wie sehen wir Gendergerechtigkeit in der GLS Investments?

Als Teil der GLS Gruppe wollen wir gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit. Die Zahl der weiblichen und männlichen Beschäftigten in der GLS Investments ist nahezu auf dem gleichen Niveau. In 2024 sind rund 55 Prozent der Frauen und 29 Prozent der Männer in der GLS Investments in Teilzeit beschäftigt. Aktuell ist eine von insgesamt vier Teamleiter*innen weiblich und wir haben zwei männliche Geschäftsführer. Unser unbereinigter Gender Pay Gap lag im Jahr 2024  bei 16,3% und damit in etwa auf dem deutschlandweiten Niveau. Als Unternehmen mit 46 Mitarbeitenden haben Ausreißer nach oben einen größeren Einfluss auf die Grundgesamtheit als bei der Berechnung des deutschlandweiten Durchschnitts. Blickt man auf  den Median lag der unbereinigte Gender Pay Gap in der GLS Investments bei 9,4%. Die Konsequenz erkennt man auch mit einen Blick auf den bereinigten Gender Pay Gap der GLS Investments, also der Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern in vergleichbaren Positionen. In zwei von drei Lohngruppen verdienen Frauen mehr als ihre männlichen Kollegen. In allen Lohngruppen liegt der bereinigte Gender Pay Gap deutlich unterhalb der deutschlandweiten 6%.

Auch wir können uns also von strukturellen Unterschieden bislang nicht befreien. Wir haben Maßnahmen entwickelt um Unterschiede zu verringern. Führungskräfte können den Gender Pay Gap einsehen, um Ungerechtigkeiten zu erkennen und nachzusteuern. Insbesondere bei Auswahlverfahren ist der Gender Pay Gap damit ein gutes Mittel, um Lohnunterschiede deutlich zu machen und Gehälter entsprechend anzupassen. Gleichzeitig arbeiten wir daran, alle Geschlechter dabei zu unterstützen, sich paritätisch um Beruf und Familie zu kümmern. Meetingstrukturen wurden bestmöglich auf Teilzeitarbeitende angepasst. Stellenausschreibungen wurden explizit um Teilzeit- und Jobsharing erweitert – auch für Führungspositionen. Unsere Teamleiter*innen des Nachhaltigkeitsresearchs gehen hier mit gutem Beispiel voran und teilen sich die Führungsposition. Frauen können sich in der GLS Bank einem speziellen Mentoringprogramm anschließen. Um strukturelle Ungerechtigkeiten und Verdienstlücken zu schließen, braucht es viel Anstrengung und Ausdauer – das ist uns bewusst.
 

Aus Gender Pay Gap wird Gender Pension Gap

Eine Studie der Uni Mannheim hat herausgefunden, dass Frauen tendenziell mehr sparen und weniger in den Kapitalmarkt investieren als Männer. Die Gründe dafür sind vielfältig: einerseits tragen die tendenziell niedrigeren Löhne dazu bei, dass Frauen weniger investieren. Andererseits führen Rollenstereotypen und gesellschaftsspezifische Erziehung zu dieser Schieflage. Gleichzeitig zeigen Studien, dass, wenn sie investieren, Frauen häufig bessere Investmententscheidungen treffen als Männer. Die geringere Beteiligung an den Kapitalmärkten in Kombination mit den ohnehin häufig geringeren Einkünften kann dazu führen, dass Frauen finanziell schlechter für die Zukunft aufgestellt sind. 2021 waren die Alterseinkünfte von Frauen fast ein Drittel niedriger als die von Männern. Frauen sind daher häufiger von Altersarmut bedroht.
 

Fazit

Diversitätsprogramme erfahren aktuell weltweiten Widerstand. Wir dürfen nicht müde werden, Tage wie den Weltfrauentag zu nutzen, um auf die Geschlechtergerechtigkeit aufmerksam zu machen. Als wesentlicher Bestandteil von Diversität bleibt Gleichstellung und die Frage des Gender Pay Gaps Aufgabe für jedes einzelne Unternehmen.

„Trotz des wachsenden Widerstands gegen Initiativen für Gleichstellung, Vielfalt und Integration halten wir und viele führende Unternehmen an unserer Überzeugung fest. Gerade jetzt gilt es, Haltung zu zeigen. Die Schaffung integrativer und diverser Arbeitsplätze ist nicht nur fair und gerecht, sondern auch unternehmerisch sinnvoll,” sagt Karsten Kührlings, Geschäftsführer der GLS Investments.

Dennoch birgt das Thema auch eine politische Dimension. Die unzureichende Infrastruktur für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde zuletzt von der Wirtschaftsweise-Vorsitzenden Schnitzler scharf kritisiert. Auch die Steuermodelle stehen regelmäßig in der Kritik. Die Gründe für den geringeren Verdienst von Frauen sind also vielschichtig. Sich mit dem Thema Vorsorge und Investments auseinander zu setzten, ist daher insbesondere für Frauen notwendig.

Frauen der GLS Investments